Automatisiertes Fahren in der Shuttle-Modellregion Oberfranken. - Digitales Bürgernetz

Unterwegs auf der „virtuellen Schiene“: die Shuttle-Modellregion Oberfranken

#Mobilität 3. Februar 2022

Moderne Technik, historisches Gemäuer: Ein Shuttle-Bus ist unterwegs im mittelfränkischen Kronach. © TMT

Selbstfahrende, hochautomatisierte Kleinbusse: Das klingt nach Science Fiction und Zukunftsmusik, ist rund um Hof (Bayern) aber Realität. Seit Juni 2021 läuft dort das Forschungsprojekt Shuttle-Modellregion Oberfranken, kurz: SMO. Bis Ende 2022 sind in den oberfränkischen Städten Hof, Rehau und Kronach insgesamt sechs selbstfahrende Kleinbusse unterwegs – als Ergänzung zum öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) vor Ort. Die Busse bieten Platz für zehn Personen und sind derzeit für eine Geschwindigkeit bis 18 Stundenkilometer zugelassen. In Kronach werden die Shuttles für den touristischen Verkehr eingesetzt, in Hof für die Anbindung zwischen Bahnhof und Innenstadt, und in Rehau unterstützen sie den Werksverkehr. Dabei verkehren sie auf einer „virtuellen Schiene“, also einer festgelegten Strecke, die fest im Fahrzeug einprogrammiert ist. Melden die Sensoren eine Gefahrensituation, bremst der Kleinbus ab.

„Normaler“ Fahrbetrieb plus Forschung

Das Projekt wird vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) unterstützt. Das Projektkonsortium aus zehn Partnern verfolgt damit ein klares Ziel: innovative Mobilität im Livebetrieb zu erproben und neue Marktmodelle zu entwickeln. Dies ist vor allem für dünn besiedelte Regionen interessant. So sind die Kleinbusse eine wertvolle Ergänzung zu den kommunalen Buslinien. Zudem dient das Projekt Forschungszwecken. Künftig soll für alle Shuttle-Fahrzeuge in der Modellregion eine zentrale Leitstelle in der Hofer Innenstadt entstehen. Der nächste Schritt hin zum automatisierten Fahren: Denn noch muss an Bord jeden Shuttles ein sogenannter „Operator“ mitfahren. Er greift ein, wenn ein Hindernis umfahren werden muss. Mit der Leitstelle wird der nächste Schritt zum automatisierten Fahren ohne Operator im Fahrzeug untersucht.

eine Reihe weiß-roter Kleinbusse der Shuttle-Modellregion Oberfranken
Selbstfahrende SMO-Shuttles warten auf ihren Einsatz © IN-VISIONEN

4.500 Kilometer, mehr als 6.000 Fahrgäste

Die ersten Monate Testbetrieb sind vorüber. Gibt es bereits messbare Erfolge und wichtige Erkenntnisse? Matthias Zankl vom Projektbüro Shuttle-Modellregion Oberfranken (SMO): „Mehr als 80 Prozent der Bevölkerung sind dem Projekt gegenüber positiv eingestellt.“ Auch das Interesse an einer Mitfahrt sei groß. „In den ersten fünf Monaten konnten in den öffentlichen Verkehren in Hof und Kronach mehr als 6.000 Fahrgäste begrüßt werden.“ Darüber hinaus haben die Projektpartner auch viel Wissen gewonnen, um weitere Einsatzrouten besser und schneller auswählen und in Betrieb nehmen zu können. Auch hier spielt die Digitalisierung eine wesentliche Rolle. Denn die automatisierten Busse sind hoch technologisierte Fahrzeuge mit Sensoren und Kameras. „Ihre Software verarbeitet unterschiedlichste Daten und Umfeldinformationen, damit sich das Shuttle im Straßenverkehr zurechtfinden kann“, so Matthias Zankl. „Im SMO-Vorhaben werden die Algorithmen zur Umgebungserkennung weiter verbessert und die Shuttles mit zusätzlichen Sensoren ausgerüstet.“

„Gerade in eher ländlich geprägten Regionen stellt das langfristige Sichern eines bedarfsgerechten, klimaschonenden und wirtschaftlichen ÖPNV eine besondere Herausforderung dar.“

Den ÖPNV auf dem Land sichern

Apropos gewinnen: Was bringt so ein ambitioniertes Projekt eigentlich dem ländlichen Raum? Laut Matthias Zankl haben die neuen Technologien das Potenzial, den öffentlichen Personennahverkehr auch jenseits der großen Städte zu stärken, ihn effizienter und flexibler zu gestalten und optimal an die Bedürfnisse der Fahrgäste anzupassen. „Gerade in eher ländlich geprägten Regionen stellt das langfristige Sichern eines bedarfsgerechten, klimaschonenden und wirtschaftlichen ÖPNV angesichts der demografischen Entwicklung eine besondere Herausforderung dar“, sagt Zankl. 

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Forschungsarbeiten fortsetzen

Das Projekt läuft 2022 aus. Doch schon jetzt sind alle Projektpartner interessiert, die Forschungsarbeiten fortzusetzen. Matthias Zankl fasst zusammen: „Eine große Herausforderung wird es sein, einen wirtschaftlichen Regelbetrieb zu etablieren, da die Fahrzeuge aufgrund der hohen Entwicklungskosten derzeit in Anschaffung und Betrieb teurer als herkömmliche Fahrzeuge sind.“ Zudem sei die technische Weiterentwicklung der Fahrzeuge von großer Bedeutung. Bedeutet im Klartext: Damit sie flächendeckend eingesetzt werden können, muss die derzeitige Maximalgeschwindigkeit von 18 Stundenkilometern erhöht werden, auch auf die derzeit vorgeschriebene Begleitperson sollte mittelfristig verzichtet werden. Matthias Zankl: „Im Rahmen des neuen Gesetzes zum autonomen Fahren kommt den im SMO entwickelten Leitstellen dann eine besondere Rolle zu, da zukünftig ganze Flotten selbstfahrender Fahrzeuge an unterschiedlichen Standorten überwacht werden können.“ 


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