Social Media-Schulungsprogramm für Kommunen - Digitales Bürgernetz

Smart Learning für Kommunen: Der Weg zum individuellen Social-Media-Konzept

#Gemeinschaft 12. Oktober 2023

Christian Rosenberger und Julia Lupp bringen Kommunikationsverantwortlichen in Kommunen die sozialen Medien näher. Foto: Amtshelden

Das Amtshelden-Programm ist ein Smart-Learning-Programm, das Beschäftigten in Kommunen den richtigen Umgang mit den sozialen Medien nicht nur vermittelt, sondern selbst entwickeln lässt – inklusive Netzwerk und ausprobieren. Denn der Nutzen ist für Städte und Gemeinden groß, die Unsicherheit aber teils noch größer. Die Entwickler Julia Lupp und Christian Rosenberger erklären im Interview, warum mehr Kommunen auf die Kommunikation über die Sozialen Medien setzen sollten.

Warum sollten Kommunen überhaupt über Social Media kommunizieren? Wie profitieren sie davon?

Julia Lupp: Aus meiner Sicht gibt es dafür drei entscheidende Gründe: Aktuell sind insbesondere Facebook und Instagram die einzigen Kommunikationskanäle, auf denen wir Bürgerinnen und Bürger erreichen können, selbst wenn sie keine öffentlichen Kanäle der Kommunen abonniert haben und staatlichen Organisationen vielleicht sogar skeptisch gegenüberstehen. Zweitens bieten soziale Medien die Chance, tatsächlich in Dialog miteinander zu treten, anders als es bei Newslettern oder Pressemitteilungen der Fall wäre. Drittens erreicht man über die sozialen Medien eine große Anzahl an Menschen – darunter auch die jüngere Generation – schneller als mit jedem anderen Kommunikationsmedium. Gerade in Krisen oder bei Unfällen ist das ein absolut entscheidender Faktor.

Vor welchen Hürden stehen die Kommunen und warum benötigen sie dabei Unterstützung?

Christian Rosenberger: Noch gibt es längst nicht in allen Städten jemanden, der sich um Kommunikation oder gar spezifisch um Social Media kümmert. Dabei erfordern Aufgaben wie Recherche, Content-Produktion und Communitymanagement Zeit und Expertenwissen. Viele Kolleginnen und Kollegen sind unsicher, weil sie vielleicht einen Verwaltungshintergrund haben und ihnen der professionelle Hintergrund für diese Arbeit fehlt. Außerdem mangelt es in vielen Behörden am Austausch untereinander – dabei haben wir festgestellt, dass die meisten Kommunen die gleichen Fragen und Herausforderungen haben, ganz unabhängig von ihrer Größe oder dem Bundesland.

Wie hilft dabei Ihr „Amtshelden-Programm“ weiter?

Julia Lupp: Wir nennen es ein Smart-Learning-Programm, weil es Lernen, Austausch, Netzwerk und praktische Anwendung verbindet. Zunächst bringen wir immer fünf Social-Media-Verantwortliche aus verschiedenen Kommunen zusammen und schaffen so ein Netzwerk, das auch über die zwölf Wochen hinausbesteht, die das Programm dauert. Im Programm selbst lernen die Teilnehmenden im Austausch miteinander und entlang eines systematischen Workbooks mit über hundert Übungen alles, was sie für gute Behördenkommunikation brauchen: Redaktionsplanung, effiziente Freigabeworkflows, Videoerstellung, Positionierung der Behördenleitung, Konfliktkommunikation, Community Management und vieles mehr. Dabei bekommen sie jede Menge Tools und Tipps direkt aus der Verwaltungspraxis an die Hand. Ich habe selbst fast vier Jahre lang die Pressestelle einer Stadtverwaltung verantwortet und alles mit in das Programm gepackt, was ich selbst erlebt und gelernt habe.

Nach zwölf Wochen haben die Teilnehmenden ein individuelles Konzept für ihre Verwaltung und neuen Mut, Ideen auszuprobieren. Weil fast alle Aufgaben direkt im Kommunikationsalltag umgesetzt oder gepostet werden können, sehen sie direkt auch den Unterschied auf ihrem Kanal hinsichtlich Followern oder Engagement.

Eine Person beugt sich über ein Arbeitsheft und macht sich Notizen.
Das Programm läuft über zwölf Wochen und basiert auf eigens dafür entwickelten Schulungsmaterialien. Foto: Amtshelden

Wie sieht es beim Recruiting in der öffentlichen Verwaltung aus? Wird da eine Plattform wie LinkedIn nicht auch immer wichtiger?

Christian Rosenberger: LinkedIn ist auf jeden Fall bundesweit sehr stark im Kommen, auch quer durch den öffentlichen Sektor. Damit erreicht man natürlich auch Fachkräfte anders und über die eigenen Stadtgrenzen hinaus. Wir setzen für LinkedIn aktuell ein Smart-Learning-Webinar auf, das im Oktober an zwei Tagen für jeweils zwei Stunden stattfinden wird. Danach ist man nicht nur fit in Sachen Recruiting auf LinkedIn, sondern weiß insgesamt, wie die Plattform tickt und funktioniert, und kann sich dort ein starkes Netzwerk aufbauen. Das Webinar kann man ganz einfach auf unserer Website buchen: www.amtshelden.de

Wie ist das Feedback der Teilnehmenden auf das Amtshelden-Programm?

Christian Rosenberger: Wir sind selbst überwältigt, von den tollen Rückmeldungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Wir haben das Smart-Learning-Programm über ein Jahr lang entwickelt und wussten nicht, wie gut die vielen verschiedenen Komponenten aus Workbook, Online-Plattform mit Videos und Checklisten, Konzeptentwicklung und Netzwerk tatsächlich zusammenpassen würden. Schon beim ersten Schulterblick nach sechs Wochen haben uns das Feedback und die vielen kleine Erfolge der Teilnehmenden umgehauen.

Wie stark sind die kommunalen Kanäle von Hassnachrichten oder sonstigem Missbrauch betroffen und was kann man dagegen tun?

Julia Lupp: Es gibt kritische oder kontroverse Themen, die unterschiedlich starke Emotionen hervorrufen – auch im Netz. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass eine starke Community hilft und mitunter selbst regulierend eingreift, wenn jemand den Anstand vermissen lässt oder persönlich wird. Wichtig ist hier, dass die Kolleginnen und Kollegen in den Pressestellen wissen, wie sie damit umgehen sollen, um solche Dinge nicht mit nach Hause zu nehmen. Hier muss unbedingt auch die Verwaltungsleitung klare Kante zeigen und Rückendeckung geben.

Wie sieht es mit dem Datenschutz aus?

Julia Lupp: Der Schutz der Daten der Bürgerinnen und Bürger ist ohne Zweifel wichtig. Ebenso wie eine transparente Information der Menschen über die Arbeit ihrer Stadtverwaltung, die sie in so vielen Bereichen unmittelbar betrifft. In den sozialen Medien stoßen diese beiden Belange schon manchmal aneinander – ob dann die Informationspflicht oder der Datenschutz höher wiegt, werden die Gerichte auf Bundesebene klären müssen, das wird noch Jahre dauern. Kommunen rate ich bis dahin, weiter transparent, dialogorientiert und auf möglichst vielen Kanälen mit ihren Bürgerinnen und Bürgern im Austausch zu bleiben und nicht im vorauseilenden Gehorsam abzuschalten, bevor ein Urteil vorliegt.

Das Programm und Stimmen von Teilnehmerinnen

Das Programm startet jeweils zu bestimmten Zeiten im Jahr. Die nächste Runde mit buchbaren Plätzen beginnt im April 2024. Umfassende Informationen gibt es auf www.amtshelden.de. Dort findet man auch den Podcast Kleinstadtniveau, in dem Julia und Christian regelmäßig mit Gästen über Behördenkommunikation sprechen und Tipps zu Recruiting, Shitstorm-Management oder Datenschutz geben. Direkt buchen kann man das Programm auch über die Website der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt).

Portrait Margaretha Mohr
Margaretha Mohr von der Stadt Worms konnte durch das Amtshelden-Programm die interne Zusammenarbeit verbessern. Foto: privat

Margaretha Mohr, Stadtverwaltung Worms:
„Als ich das Programm gefunden habe, bin ich direkt neugierig geworden. Es war einfach mal etwas ganz anderes im Vergleich zu den klassischen Weiterbildungen. Die interne Zusammenarbeit hat sich dadurch stark verbessert und die gesamte Stadtverwaltung profitiert davon. Wir achten darauf, dass wir einen besseren Mix in der Kommunikation haben und interaktiver kommunizieren. Das hat auf jeden Fall schon Wirkung gezeigt.“

Portrait Stephanie Kunert
Stephanie Kunert konnte nach dem Amtshelden-Programm die Follower-Zahlen in ihrem Landkreis steigern. Foto: privat

Stephanie Kunert, Landkreis Dahme-Spreewald:
„Ich war sofort begeistert. Mir fehlte beim Landkreis der Austausch mit anderen Social-Media-Managern in der Verwaltung. Man hat im Büro niemanden, mit dem man solche Themen besprechen kann. Unsere Follower-Zahlen sind nach dem Programm deutlich nach oben gegangen. Ich kann mehr Menschen erreichen und unsere Botschaften besser platzieren, weil man teilweise auch ganz anders an die Themen rangeht.“

Über die Macher von Amtshelden

Christian Rosenberger ist diplomierter Journalist und war acht Jahre lang Inhaber einer Social-Media-Agentur in Frankfurt. Heute ist er Dozent an der Hochschule Darmstadt und Geschäftsführer der Brandbuilding Agentur Concrete. Julia Lupp ist diplomierte Online-Journalistin und hat jahrelang als freie Reporterin gearbeitet. 2020 wechselte sie nach zwölf Jahren als Kommunikationsberaterin in den Öffentlichen Dienst und ist seitdem als Pressesprecherin und Social-Media-Verantwortliche für die Stadt Taunusstein. Ihre Arbeit sorgt nicht nur in ihrer Kommune für Aufmerksamkeit. So wurde sie als Speakerin auf die All Facebook den Social Media Tagen der Quadriga sowie auf den Kommunikationskongress eingeladen.

Gemeinsam haben sie das Programm Amtshelden entwickelt, um die Bürgerkommunikation in der Verwaltung zu verbessern. Seit 2021 hosten sie den Podcast Kleinstadtniveau rund um das Thema Social Media für Behörden einschließlich Tipps zu Recruiting, Shitstorm-Management oder Datenschutz.

Artikel Teilen