Das Digitalprojekt Tele-Arzt unterwegs mit dem Tele-Rucksack - Digitales Bürgernetz

Medizinisch gut versorgt: unterwegs mit dem Tele-Rucksack

#Gesundheit 19. November 2021

Jana Reichmann mit dem Tele-Rucksack © Jana Reichmann

Jana Reichmann schnappt sich den Tele-Rucksack, verstaut ihn in einem Kleinwagen und fährt los. Einmal in der Woche macht sie Hausbesuche bei Patientinnen und Patienten, die nicht mehr selbst in die Praxis kommen können. Die meisten sind über 80 Jahre alt. Jana Reichmann ist als NäPa, als nicht-ärztliche Praxisassistentin, in der Gemeinschaftspraxis Unterwellenborn im thüringischen Landkreis Saalfeld-Rudolstadt angestellt. Sie übernimmt Aufgaben, die früher eine Hausärztin oder ein Hausarzt erledigt hat: Fahrten zu den Patienten nach Hause, die viel Zeit kosten. „Nun muss der Arzt nicht mehr bei jedem ‚Wehwehchen‘ selbst losfahren und hat mehr Zeit für die Behandlung der Patienten, die in die Praxis kommen. Ich kann ihn entlasten und trage gleichzeitig mehr Verantwortung“, sagt sie.

verschiedene medizinische Geräte liegen auf einem Tisch
Im Tele-Rucksack sind Messgeräte und ein tragbares EKG enthalten © Jana Reichmann

Daten werden direkt übermittelt

Ihre Route bespricht Jana Reichmann vorab gemeinsam mit dem Hausarzt. Etwa sechs Stunden ist sie unterwegs, legt dabei viele Kilometer zurück. Den Tele-Rucksack hat sie immer dabei. Er enthält Messgeräte für Puls, Sauerstoffsättigung, Blutzucker und Blutdruck. Sowie ein Otoskop, mit dem sie in den Gehörgang eines Patienten schauen kann, und ein tragbares EKG, um die Funktion des Herzens zu kontrollieren. Am wichtigsten ist jedoch das Tablet. Damit werden über eine gesicherte Verbindung die Daten direkt in die Praxis und in die Patientenakte übermittelt. Außerdem kann sie per Videotelefonie den Hausarzt zuschalten und sich mit ihm besprechen, etwa wenn der Blutzucker einer Patientin viel zu hoch ist oder es einem Patienten besonders schlecht geht. „Der Arzt kann sich dann selbst ein Bild vom Gesundheitszustand machen und dem Patienten Fragen stellen. Und entscheiden, ob ein Medikament anders dosiert werden sollte oder ob ein Arzt kommen muss“, erzählt Jana Reichmann.

„Der Arzt muss immer gut abwägen, ob ich das übernehmen kann. Bei Verdacht auf Herzinfarkt schickt er mich natürlich nicht.“

Der Arzt muss gut abwägen

„Die Patienten sind begeistert von dieser Möglichkeit“, sagt sie. Und sie haben Vertrauen zu ihr und fühlen sich gut bei ihr aufgehoben. Wenn Jana Reichmann unterwegs ist, wird sie oft aus der Praxis angerufen und spontan zu einem Hausbesuch geschickt. Vor kurzem zum Beispiel, als jemand über starke Rückenschmerzen klagte. „Es gibt natürlich Grenzen. Der Arzt muss immer gut abwägen, ob ich das übernehmen kann. Bei Verdacht auf Herzinfarkt schickt er mich natürlich nicht.“ Bei akuten Fällen nutzt sie immer die Möglichkeit, den Arzt über Videotelefonie zu kontaktieren, damit er die Patientin oder den Patienten sehen und sprechen kann.

„Praxen sollten das ausprobieren“

2018 ist das Projekt TeleArzt in Thüringen gestartet. Mit einem Tele-Rucksack ausgestattet, gehen speziell ausgebildete Medizinische Fachangestellte – die NäPas – zu den Patienten nach Hause. Damit soll gerade in ländlichen Regionen die medizinische Versorgung sichergestellt werden. Voraussetzung ist, dass es eine schnelle und zuverlässige Datenverbindung gibt. Manchmal hakt es allerdings. Das kennt auch Jana Reichmann. „Es gibt einen kleinen Nachbarort, der liegt hinterm Berg. Da ist es manchmal schwierig. Ansonsten funktioniert es aber sehr gut.“ Und was wünscht sie sich? „Dass sich mehr Praxen für das Modell öffnen. Sie sollten das einfach mal ausprobieren und offener sein.“

Nicht nur in Thüringen, sondern auch in den anderen Bundesländern können Hausarztpraxen eine nicht-ärztliche Praxisassistenz beschäftigen. Dafür erhalten sie eine finanzielle Förderung. Mehr Informationen bietet die Kassenärztliche Bundesvereinigung.

Hier erfahren Sie mehr über das Projekt TeleArzt.

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