Girls’Day: Frauen und Mädchen für die Tech-Branche - Digitales Bürgernetz

Girls’Day: Ladies in Tech will die IT-Branche weiblicher machen

#Arbeit 26. April 2022

Veranstaltung der #LiT – Ladies in Tech: Lucia Falkenberg (v.l., von hinten) im Gespräch. © eco – Verband der Internetwirtschaft e.V.

„Frauen interessieren sich nicht für IT und Digitalisierung“, diesen Satz hört Lucia Falkenberg immer wieder. „Doch es gibt sie, die Ladies in Tech. Allerdings sind es noch zu wenige. Wir müssen Frauen, die im IT-Bereich arbeiten, sichtbarer machen und ihnen eine Stimme geben“, sagt sie. Deshalb gründete Lucia Falkenberg, Personalleiterin bei eco – Verband der Internetwirtschaft e.V., die Initiative #LiT – Ladies in Tech.

Für eine vorurteilsfreie Software braucht es gemischte Teams

Die Idee entstand vor vier Jahren auf einer Veranstaltung der IT-Branche in Köln. Unter den Teilnehmenden waren viele Frauen, doch in den Panels saßen nur Männer: für Lucia Falkenberg der Anstoß, dass sich etwas ändern muss. Seither ermutigt Ladies in Tech Expertinnen aus der IT-Branche, bei Events auf die Bühne zu gehen – und junge Frauen dazu, sich für einen Job im Tech-Bereich zu entscheiden. „Die Internet- und Digitalbranche muss weiblicher, vielfältiger und bunter werden. Und wir müssen ein Bewusstsein dafür schaffen, dass die Digitalisierung nicht ohne Frauen stattfinden darf“, sagt Lucia Falkenberg. Denn digitale Tools und Künstliche Intelligenz (KI) werden in Zukunft immer stärker unseren Alltag bestimmen. „Um KI zu gestalten, Algorithmen zu programmieren und eine vorurteilsfreie Software zu entwickeln, braucht es gemischte Teams. Wenn nur Männer an den Programmiertischen sitzen, ist klar, was dabei herauskommt“, so die Personalleiterin. Die Systeme sind schließlich nicht besser als die Menschen, die sie entwickeln. Sie verinnerlichen und geben ihren Blick auf die Welt wieder, der auch mit Vorurteilen behaftet sein kann. Die Folge kann eine Software sein, die diskriminiert: In der Vergangenheit haben Sprachassistenten bestimmte Stimmen nicht erkannt oder Algorithmen Frauen bei der Kreditvergabe benachteiligt. Deshalb braucht es gemischte Teams hinsichtlich ihres Alters, Geschlechts, ihrer Kultur und Herkunft. 

Porträt von Lucia Falkenberg
Lucia Falkenberg ist Gründerin der Initiative #LiT – Ladies in Tech © eco – Verband der Internetwirtschaft e.V.

„Die Internet- und Digitalbranche muss weiblicher, vielfältiger und bunter werden. Und wir müssen ein Bewusstsein dafür schaffen, dass die Digitalisierung nicht ohne Frauen stattfinden darf.“

Programmieren war einst ein Frauenberuf

Doch nicht einmal 20 Prozent der Beschäftigten in IT-Unternehmen sind weiblich. Deutschland steht damit im internationalen Vergleich nicht besonders gut da. Noch immer schwirrt in vielen Köpfen das Bild vom Nerd im Anzug oder dem Computerfreak im schwarzen Hoodie herum. Frauen, die eine App oder einen digitalen Assistenten entwickeln, kommen in solchen Vorstellungen nicht vor. Dabei haben sie die Geschichte der Informatik mitgeschrieben. Programmieren und die Entwicklung von Software war einst sogar ein absoluter Frauenberuf. Heute ist es eine Männerdomäne. „Um das aufzubrechen, brauchen wir weibliche Vorbilder, Role Models, mit denen sich Mädchen und junge Frauen identifizieren können. Und die ihnen vermitteln, dass es viele coole Jobs und gute Karrieremöglichkeiten in der IT-Branche gibt“, sagt Lucia Falkenberg. Ein Punkt ist ihr besonders wichtig: „Es wird in einigen Jahren kaum noch Berufsfelder und Lebensbereiche geben, in denen die Digitalisierung keine Rolle spielt. Sei es in der Arztpraxis oder beim Einzelhändler, der einen Onlineshop braucht. Man muss keine Informatikerin oder Programmiererin sein, um dort zu arbeiten, aber ein Verständnis dafür mitbringen, wie es funktioniert.“

Bei Mädchen technisches Interesse wecken

Deshalb ist es wichtig, Mädchen früh darin zu bestärken, sich bei der Berufswahl nicht an traditionellen Rollenbildern zu orientieren. Das fängt in der Familie an und geht in der Schule weiter. Doch im Teenageralter haben viele Mädchen ihr Interesse an Mathematik und Informatik verloren. Und sie schätzen ihre Computerkenntnisse meist schlechter ein als die ihrer Mitschüler – obwohl diese in Wirklichkeit viel besser sind als sie annehmen, wie die „International Computer and Information Literacy – Studie“ von 2018 zeigt. Damit sich hier etwas ändert und Mädchen neue Berufsfelder für sich entdecken, findet seit 2001 der Girls’Day statt. „Er dient dazu, die Türen ganz weit aufzumachen und Mädchen die Möglichkeit zu geben, in eine Welt hineinzuschnuppern, von der sie oft falsche Vorstellungen haben. Vielen ist gar nicht bewusst, wie spannend und vielfältig die Tech-Branche ist“, sagt Lucia Falkenberg. Trotz guter Schulabschlüsse entscheiden sich die meisten aber noch immer für einen klassischen Frauenberuf und nicht für einen Job im technischen Bereich. Zwei Beispiele: 2021 haben in Mecklenburg-Vorpommern 15 junge Frauen einen Ausbildungsvertrag zur Fachinformatikerin unterschrieben, bei den jungen Männern wollten 123 Fachinformatiker werden – also achtmal so viele. Und bei den Studierenden im Fach Informatik liegt der Frauenanteil bei 20 Prozent.

Online Programmieren lernen

#LiT – Ladies in Tech bietet eine Plattform, um sich zu vernetzen und auszutauschen – digital und analog. In einer Interview-Reihe berichten zum Beispiel erfolgreiche Frauen aus der IT-Branche von ihren Erfahrungen. Und weil Frauen nicht nur als IT-Fachkräfte oder in den Chefetagen von Tech-Unternehmen fehlen, sondern auch als Speakerinnen auf Konferenzen und anderen Podien, entstand ein Verzeichnis potentieller Sprecherinnen. Zahlreiche namhafte Tech-Unternehmen und Organisationen engagieren sich in der Initiative. Darunter ist auch die Hacker School in Hamburg, die Kindern das Programmieren beibringt. Zwar fehlen in den meisten Dörfern solche Angebote, doch der digitale Raum verbindet Stadt und Land. „Der Wohnort spielt daher kaum noch eine Rolle“, ist Lucia Falkenberg überzeugt. „Im Internet gibt es viele kindgerechte Lernplattformen, um den Einstieg ins Programmieren zu finden. Da ist es egal, ob ich in München oder in Buxtehude wohne. Der vermeintliche Nachteil, auf dem Land zu leben, wiegt gar nicht mehr so schwer.“

Artikel Teilen