Digitalisierung in der Touristik - Digitales Bürgernetz

Digitalisierung im Tourismus: Augmented Reality entführt Reisende in die Welt der Hohenzollern

#zuHause 18. April 2023

Augmented Reality macht das Reisen entlang des Hohenzollern-Radwegs zum virtuellen Erlebnis. © Landkreis Fürth

Eine Reise in die Zeit der Hohenzollern: Das können Radfahrer:innen entlang des Erlebnisradwegs Hohenzollern erleben. Er führt über eine Strecke von 95 Kilometern von der ehemaligen Kaiserstadt Nürnberg bis in die Residenzstadt Ansbach. Das Besondere: Eine App, die in Verbindung mit Augmented Reality (AR) digitale Inhalte in die reale Welt integriert und zentrale Orte des berühmten Grafengeschlechts auf neue Weise erlebbar macht.

Burgen und Schlösser im 3D-Modell, der Ausblick aus schwindelerregender Höhe eines Kirchturms, ohne ihn zu besteigen, historische Figuren, die zum Leben erwachen: All das macht Augmented Reality möglich. Wer etwa vorm Münster im Heilsbronn steht, kann erleben, wie Burggraf Friedrich III. von Nürnberg aus dem alten Gemäuer hervortritt und erzählt, wie das Münster mit seinem Tod im Jahr 1297 zur Familienruhestätte der Hohenzollern wurde. Alles, was Besucher:innen für diese kleine Zeitreise benötigen, ist ein Smartphone oder ein Tablet und eine gute Datenverbindung. Mit dem mobilen Endgerät wird ein sogenannter Marker gescannt, der sich an insgesamt elf Highlights entlang des Radwegs befindet.

Smartphone vor Schild mit dem Marker der Hohenzollern-Radweg-App
Der Marker verbindet die App-Nutzer:innen mit der Welt der Hohenzollern © Landkreis Fürth

Ausgezeichnet mit dem ADAC Tourismuspreis Bayern 2018

Die Hohenzollern-Radweg-App gibt es bereits seit 2017, sie gilt als erstes touristisches AR-Entwicklungsprojekt weltweit. Dabei war es eher Zufall, dass AR-Technologie ihren Weg in die App gefunden hat. „Mir ist das Thema auf einer Kunstausstellung begegnet und ich dachte: Lass uns doch die Geschichte der Hohenzollern interaktiv mit AR neu erzählen“, so Joanna Bacik, Regionalmanagerin beim Landkreis Fürth. Sie hat das Projekt federführend für ihren Landkreis in Kooperation mit dem Tourismusverband Romantisches Franken geplant und umgesetzt. Beteiligt waren außerdem der Landkreis Ansbach, die Städte Fürth und Nürnberg sowie 11 weitere Kommunen. Die Frage, ob es nicht schwierig gewesen sei, so viele Gruppen mit ins Boot zu holen, verneint sie: „Als wir die Idee vorgestellt haben, waren alle begeistert – obwohl AR in der Tourismusbranche damals wenig bekannt war. Alle hatten Lust, etwas Neues auszuprobieren.“ Belohnt wurde der Mut 2018 mit dem dritten Platz beim ADAC Tourismuspreis Bayern. „Der ErlebnisRadweg Hohenzollern liefert als innovatives Leuchtturmprojekt einen wertvollen Beitrag zur touristischen Angebotsvielfalt in Bayern und zeigt beispielhaft, wie fruchtbar und erfolgreich interkommunale und landkreisübergreifende Zusammenarbeit sein kann“, so Herbert Behlert, Vorsitzender des ADAC Nordbayern e.V., bei der Preisverleihung.

Aushängeschild, das langfristig wirkt

Während der vergangenen Jahre hat das Projektteam seine Erfahrungen an viele andere Tourismusdestinationen weitergegeben, war auf Messen präsent und hat mit Tourismusverantwortlichen am Telefon gesprochen. Die Frage nach den Kosten sei ihr am häufigsten gestellt worden, erzählt Joanna Bacik. „Dabei ist das gar nicht so problematisch. Es gibt kaum eine Region, die nicht in irgendein Förderprogramm integriert ist, über das sie Geld vom Freistaat Bayern bekommt. Natürlich müssen die Kommunen auch ihren Teil einbringen. Aber wenn man überlegt, was eine Anzeige in der Zeitung kostet, dann erscheinen einige Tausend Euro für ein langfristig ausgelegtes Projekt vielleicht nicht mehr so viel.“

 

Genauso sieht es auch Regina Bremm, Geschäftsführerin vom Tourismusverband Romantisches Franken: Die Hohenzollern-Radweg-App sei ein Aushängeschild für die Region, mit der man vor allem jüngere Menschen und Familien mit Kindern anspreche: „Gerade diese Zielgruppe erwartet heute innovative Angebote mit Erlebnischarakter“, so Bremm. Das Besondere der Hohenzollern-Radweg-App ist für sie auch die Verbindung von Naturerfahrung und kulturellen Informationen. Joanna Bacik weist darauf hin, dass man den Weg wirklich entlangradeln müsse, um die AR-Funktionen zu nutzen: „Wer eine Station erlebt hat, wird motiviert, zur nächsten zu fahren.“ Bewusst habe man den Radweg von Nürnberg bis nach Ansbach angelegt, sodass es für die Menschen naheliegt, mindestens einmal entlang der Strecke zu übernachten. So profitieren auch die Beherbergungsbetriebe. Über die App können sich Nutzer:innen auf die Suche nach einer Übernachtungsmöglichkeit begeben.

Setzten sich für die Digitalisierung im Tourismus ein: Joanna Bacik (links), Regionalmanagerin beim Landkreis Fürth, und Regina Bremm, Geschäftsführerin vom Tourismusverband Romantisches Franken. © Landkreis Fürth und Trykowski

Blaupause für neue Projekte

Sowohl Bacik als auch Bremm betonen, dass die Digitalisierung generell eine wichtige Rolle für den Tourismus spiele – gleichzeitig analoge Erfahrungen aber wichtig blieben. Ein Vorzeigeprojekt sei die Cadolzburg, eine der bedeutendsten Burgen der Hohenzollern. „Dort gibt es VR-Brillen, Touchscreens, aber auch viele Dinge zum Anfassen, sodass Besucherinnen und Besucher zum Beispiel nachempfinden können, wie es sich in einem mittelalterlichen Bett gelegen hat“, so Bacik. Die Regional- und Wirtschaftsförderung sieht sie als Impulsgeber, der Modellprojekte wie die Hohenzollern-Radweg-App fördere, die von den Tourismusverbänden oder Destinationen verstetigt werden müssten. Gleichzeitig dienen die Modellprojekte als Blaupause für neue Projekte. So gibt es inzwischen mit dem „Erlebnisweg Wallensteins Lager“ und der „RothenburgAppDerTauber“ zwei weitere Aushängeschilder, die AR-Technologie in eine App integriert haben. Die Hohenzollern-Radweg-App wiederum wird noch im Jahr 2023 überarbeitet. „Das Design ist ein bisschen in die Jahre gekommen, die Technik hat sich weiterentwickelt. Da wollen wir wieder auf dem neuesten Stand sein“, so Bacik.

Ritter-Avatar und Smartphone vor Cadolzburg
Die Cadolzburg: Vorzeigeprojekt für die gelungene Verbindung digitaler und analoger Erfahrungen. © Landkreis Fürth

Datenbank für mehr Reichweite

Damit all die Angebote – Rad- und Wanderwege, Erlebnisse wie Alpaka-Wanderungen oder Führungen durch Streuobstwiesen und Unterkünfte – von Einheimischen und Gästen schnell und unkompliziert gefunden werden, setzt sich der Tourismusverband Romantisches Franken für den Ausbau der Online-Vermarktung in der Region ein. „Menschen informieren sich heute online. Wer oder was dort nicht vorhanden ist, wird nur schwer gefunden“, so Bremm. Deshalb haben sie und ihr Team zuletzt viel Zeit und Arbeit investiert, um das vorhandene Angebot in die neue Datenbank des Tourismusverbands zu integrieren. Alle Daten seien auf dem neuesten Stand und die technischen Voraussetzungen gegeben, sie an die sogenannte BayernCloud weiterzugeben. Diese soll künftig der zentrale Daten-Hub für alle touristisch relevanten Daten in Bayern sein und deren Reichweite deutlich erhöhen. Die BayernCloud wiederum wird die Datenquelle für den sogenannten Knowledge Graph der Deutschen Zentrale für Tourismus sein. Sein Ziel: Den Tourismusstandort Deutschland mithilfe der Digitalisierung langfristig zu stärken.

Was ist der Unterschied zwischen VR und AR?

Der Begriff Virtual Reality bezieht sich auf eine vollständig virtuelle Welt, in die Menschen zum Beispiel mithilfe einer VR-Brille komplett eintauchen können. Die reale Welt wird durch die virtuelle ersetzt. Bei Augmented Reality hingegen wird die reale Welt mit kontextbezogenen, digitalen Objekten angereichert. Das können Bilder, Texte oder Animationen sein, auf die wir via Smartphone, Tablet oder AR-Brille zugreifen. Bekannt wurde AR vor allem durch „Pokémon Go“, ein Spiel für das Smartphone oder Tablet.

Wie wir mit diesen Technologien digital die Welt erkunden können, lesen Sie in unserem Blog-Beitrag zum virtuellen Reisen.

Artikel Teilen