Crowdworking - Moderne Arbeit oder Ausbeutung? - Digitales Bürgernetz

Crowdworking – Moderne Arbeit oder Ausbeutung?

Service 21. Januar 2020

Das Internet macht‘s möglich: Wo früher Unternehmensteile outgesourct wurden, gibt es heute immer häufiger „Crowdsourcing“, oft auch „Crowdworking“ genannt. Statt eigene Ressourcen in andere Länder zu verlagern, werden Aufgaben über Arbeitsvermittlungs-Plattformen an Menschen in der ganzen Welt verteilt.

Der englische Begriff Crowdworking bedeutet so viel wie „Arbeit der (großen) Menge“, wobei mit „Menge“ ganz allgemein die Bevölkerung, die breite Masse gemeint ist, sprich Menschen, die nicht zum eigenen oder zu anderen Unternehmen gehören. Das Prinzip hinter diesem System: Bestimmte Tätigkeiten, wie z.B. Softwaretestes, Produktdesigns oder auch komplexe Großprojekte, werden nicht firmenintern zugewiesen oder an externe Unternehmen/Agenturen vergeben, sondern über eine Plattform im Netz an Privatpersonen geteilt. Wie bei einer Art Contest kann dann jeder registrierte Nutzer Aufgaben übernehmen – unabhängig von Qualifikation oder sozialen Gegebenheiten.

Chancen & Vorteile für die Auftraggeber

  • Timing und Planbarkeit: Die Unternehmen geben den Zeitrahmen für das Projekt fest vor und erhalten planmäßig bis zum Tag X Ergebnisse.
  • Input aus breitester Quelle und „frischer Wind“, nämlich verschiedenste Ideen und Ausarbeitungen von Menschen weltweit. Besonders große Konzerne können sich über willkommene und vor allem günstige Abwechslung freuen.
  • Kosten- und Zeitersparnis: Auch zeitintensive, einfache Tätigkeiten können für wenige Euros ausgeschrieben und von der Crowd erledigt werden und müssen somit nicht mehr durch die teuren Fachkräfte im eigenen Unternehmen erledigt werden. Die haben dann Zeit für andere Aufgaben, wo ihre Qualifikation dringender gebraucht wird.

Chancen & Vorteile für die Auftragnehmer

  • Ganz neue Möglichkeiten für Crowdworker, die sich häufig als Selbstständige und freie Arbeiter sehen.
  • Freie Zeiteinteilung: Für den Auftraggeber spielt es keine Rolle, wann genau die Aufgabe bearbeitet wird, nur die Deadline zählt, sprich Hauptsache, die Arbeit wird bis zum Abgabetermin erledigt.
  • Keine fixen Voraussetzungen: Gewissermaßen barrierefrei hat jeder die gleichen Chancen. Denn der Ort/Wohnort, das Alter oder mitzubringende Qualifikationen spielen keine Rolle. Nur das Ergebnis zählt! Dies gilt insbesondere bei digitalen Arbeiten.
  • Gleiche Bezahlung für alle: Verhandlungsgeschick, Berufserfahrung oder Qualifikation haben keinen Einfluss auf die Vergütung.

Eine schöne, ganz neue (Arbeits)Welt?

Nicht ganz. Auch wenn sich die Grenzen der Arbeitswelt durch Crowdworking in Teilbereichen in positiver Weise verändern, flexibler gestalten oder komplett auflösen, so bleibt neben den oben genannten Chancen und Vorteilen in der Gesamtbetrachtung auch festzuhalten:

  • Viele Tätigkeiten eignen sich schlichtweg nicht dazu, um diese von der unqualifizierten Masse erledigen zu lassen.
  • Crowdworking bedeutet für die Arbeitenden einen enormen Konkurrenzkampf.
  • Gehalt ist nicht fest, die Bezahlung oft niedrig und Einnahmen erzielen nur die, die den Zuschlag erhalten, den Konkurrenzkampf gewinnen.

Planungssicherheit haben die Arbeiter somit in der Regel nicht oder kaum, abgesehen vielleicht von kleinen Tätigkeiten, die nur wenige Euros einbringen und wo das Motto „Wer zuerst kommt, malt zuerst“ gilt.

Fazit: Dem Auftraggeber bietet Crowdworking Aussicht auf ein traumhaftes „Projekterlebnis“: geringere und absolut transparente Kosten, feste Zeitpläne, denkbar vielfältige Ergebnisse und Zeitgewinn für die eigenen Fachkräfte. Für die Seite der Arbeitenden bringt Crowdworking ebenfalls Chancen, die gewissermaßen jedem barrierefrei, sprich unabhängig von Ort, Zeit und Qualifikation offenstehen. Aber dem stehen auf der anderen Seite die geringe(re) Bezahlung, der extrem hohe Konkurrenzkampf und vor allem die Planungsunsicherheit gegenüber. Regelmäßige Einkünfte werden damit nur in absoluten Ausnahmefällen zu erzielen sein. Somit ist Crowdworking eine Medaille mit zwei wirklich sehr getrennten Seiten.

Artikel Teilen