Daseinsvorsorge im Dorf: Was Digitalisierung leisten kann - Digitales Bürgernetz

Smart Village: Remmesweiler versorgt sich neu

#Gemeinschaft 8. Dezember 2021

Über die Online-Plattform KeepFresh können die Bürgerinnen und Bürger von Remmesweiler frische Produkte aus der Region bestellen, ausgeliefert wird zentral. © Smart Village Remmesweiler

Rund 900 Einwohnerinnen und Einwohner leben im saarländischen Remmesweiler. Seit einer Weile dürften sie zufriedener sein als zuvor: Denn unter der Initiative „Smart Village“ haben sich drei Partner aus Verwaltung, Wirtschaft und Technologie zusammengetan, um ihnen in puncto Daseinsvorsorge unter die Arme zu greifen, und dafür ein ausgeklügeltes Logistik- und Kommunikationssystem entwickelt. Den Menschen in Remmesweiler gibt das die Möglichkeit, ohne weite Wege einzukaufen – eine Bestellung über die Online-Plattform KeepFresh genügt, ausgeliefert wird zentral. Entstanden sind dabei auch neue Treffpunkte, um soziale Kontakte zu pflegen. 

Jedem Dorf sein eigener Coach

Das Projekt ruht auf vier wesentlichen Säulen: Regionalität, Digitalisierung, gesellschaftliche Verantwortung und Ehrenamt. Eines dieser Ehrenämter nennt sich „Dorfcoach“. Dafür haben die Einwohnerinnen und Einwohner von Remmesweiler aus ihrem Kreis eine Person bestimmt, die sich vor Ort um alles kümmert – so wie in den umliegenden Dörfern auch. „Das sind Menschen, die den Blick für das Dorf haben“, bringt es Smart-Village-Projektleiter Stefan Kunz auf den Punkt. Zu den Aufgaben der Dorfcoaches gehört es, Bestellungen einzusammeln, Hilfe zu vermitteln, digitale Technik zu erklären und den Dialog zwischen den Menschen zu fördern. Dabei gibt es keine offizielle Ausbildung, um Dorfcoach zu werden, sondern es ist eher ein „Learning by doing“. Dazu kommt professionelle Know-how-Vermittlung durch die Projektleitung und das Logistik- und Qualitätsmanagement – wie etwa beim digitalen Jour Fixe, der einmal im Monat stattfindet. 

„Bis Ende 2023 wollen wir das System als deutschlandweites Leuchtturmprojekt so etablieren, dass es – mit strukturbedingten Ausnahmen – ohne Fördermittel umgesetzt werden kann.“

„Maije, sprooche, schwäddse“

Sofern es die Pandemielage erlaubt, werden die Bestellungen persönlich im Gemeinschaftshaus des jeweiligen Dorfes aufgegeben und abgeholt. Zum einen werden so die Lieferwege und der CO2-Ausstoß reduziert. Zum anderen fördert es den Kontakt und Austausch unter den Menschen. Besonders ältere und alleinstehende Personen kommen so leichter ins Gespräch und besser mit der digitalen Technik zurecht. Die wird zum Beispiel in Form des DorfFunk genutzt, einer App des Fraunhofer Instituts, die Nachbarschaften ohne große Hürden online vernetzt. So erlangt das Dorfzentrum wieder Bedeutung als Ort des Austauschs und der Begegnung, wo man wichtige Dinge besprechen, plaudern und scherzen kann – „maije“ nennen das die Saarländer. Etwa beim wöchentlichen Highlight, dem gemeinsamen Dorffrühstück, das zum Wir-Gefühl vor Ort beiträgt. Stefan Kunz ist sich sicher: „Je mehr die Menschen in Dörfern miteinander reden und quatschen, desto resilienter können ihre Strukturen werden.“

In einem großen Saal packen drei Personen Boxen mit Lebensmitteln aus.
Hier trifft man sich: Ausgabe der Bestellungen im Dorfgemeinschaftshaus. © Smart Village Remmesweiler

Supermarktriese trifft Einmannladen

Ob Milch, Brötchen oder Wurst: Die Nachfrage nach Waren des täglichen Bedarfs können oft kleine regionale Anbieter bedienen. Wo immer die Möglichkeit besteht, sind sie im Smart Village daher als Lieferanten eingebunden. Wenn es aber um günstige Rasierer, Toilettenpapier oder spezielle Zutaten geht, braucht es einen Vollversorger, der die entsprechenden Mengen hat und sich mit allen Details auskennt. Daher kooperieren die Macher auch mit einer Supermarktkette – der Smart-Village-Lieferwagen hat so wirklich alles an Bord, was die Menschen zum Leben brauchen. Für verschiedene Anwendungsfälle wurde die Online-Plattform KeepFresh entwickelt und die dazu passende Lieferlogistik aufgebaut. Aus Sicht von Stefan Kunz, der im Hauptberuf als Prokurist in der Wirtschaftsförderung arbeitet, ist das der logische Weg: „Datenkommunikation ist heute extrem wichtig und eine Chance für die ländlichen Räume, annähernd mit urbanen Regionen gleichzuziehen.“ Neben der Wirtschaftsförderung St. Wendeler Land mbH und der Landkreisverwaltung St. Wendel ist auch das Technologieunternehmen SinkaCom AG Partner der Initiative.

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In Testphase vier angekommen

Seit 2018 hat das Projekt bereits drei Testphasen durchlaufen, momentan befindet es sich in der vierten und letzten. Auch aktuell fließen noch Fördermittel des Bundes. Aus gutem Grund, wie Stefan Kunz erklärt: „Durch unseren Ansatz sind wir Motor im digitalen Transformationsprozess, das Thema Nachhaltigkeit spielt eine große Rolle. Das Ganze ist ein Ineinandergreifen von digitalen, regionalen und sozialen Innovationen.“ Danach soll das Smart-Village-System so ausgereift sein, dass es sich finanziell selbst tragen kann und auch auf andere Dörfer und Regionen in ganz Deutschland übertragbar ist. Das wäre dann der ultimative Smartness-Beweis.


Erfahren Sie mehr über das Smart Village Remmesweiler (Smart Village – Landkreis St. Wendel)

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