FutureForest: Wie KI dabei hilft, Wälder für den Klimawandel stark zu machen FutureForest - Digitales Bürgernetz

FutureForest: Wie KI dabei hilft, Wälder für den Klimawandel stark zu machen

#Gemeinschaft 24. November 2023

Ziel von FutureForest ist ein Decision Support System, das nachvollziehbare Handlungsempfehlungen für einen klimaangepassten Waldumbau bereitstellt. © wetransform

Extreme Hitze, langanhaltende Trockenheit, Starkregen, Schädlingsbefall: All das sind Folgen des Klimawandels und belasten unsere Wälder. Hinzu kommen Schadstoffe aus der Luft und im Boden. Gefragt sind Lösungsansätze für einen langfristigen, klimaangepassten Waldumbau. Im Projekt FutureForest entwickelt ein Konsortium eine KI-Anwendung, die datengestützte Entscheidungen ermöglichen soll. Geleitet wird das Forschungsvorhaben von dem Darmstädter Start-up wetransform. Darüber hinaus beteiligt sind die Freie Universität Berlin, die Technische Universität München und das Unternehmen M.O.S.S. Computer Grafik Systeme. Warum eine datenbasierte KI-Anwendung sinnvoll ist und was genau dahintersteckt, berichtet Projektkoordinator Dr. Somakanthan Somalingam.

Porträt Somakanthan Somalingam
Dr. Somakanthan Somalingam von wetransform koordiniert das Projekt FutureForest. © privat

Herr Somalingam, damit unsere Wälder auch künftig noch ihre Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion erfüllen können, müssen sie robuster werden. Wie können Künstliche Intelligenz und andere moderne Technologie dabei helfen?

Es ist einfach so, dass der Klimawandel große Auswirkungen hat und die Veränderungen sich derart schnell vollziehen, dass Erfahrungswissen nicht mehr ausreicht. Selbst Förster, die sich seit vielen Jahren um Wälder kümmern, kommen an ihre Grenzen, bei der Frage, welche Baumarten auch in 20 Jahren noch die richtigen für einen bestimmten Ort sind. Darüber hinaus geht es für die Forstwirtschaft darum, zu entscheiden, wo der Waldumbau besonders dringlich ist und wie der Umbau so durchgeführt werden kann, dass der Wald eine hohe Biodiversität aufweist, einen wirtschaftlichen Ertrag sicherstellt und seine Klimafunktion erfüllt. Bei all diesen Fragen stellen datengestützte Lösungsansätze eine wichtige Entscheidungshilfe dar.

 

Wie sieht der Lösungsansatz aus, den Sie in dem Projekt erarbeiten?

Wir simulieren mit verschiedenen Methoden der künstlichen Intelligenz ortsbezogene Auswirkungen verschiedener Klimaprognosen und Waldumbauszenarien. Ziel ist es, anhand dessen nachvollziehbare Handlungsempfehlungen für einen klimaangepassten Waldumbau in einem sogenannten Decision Support System, kurz DSS, bereitzustellen.

 

Können Sie das Decision Support System bitte noch etwas genauer beschreiben?

Basis für die Handlungsempfehlungen werden Daten zur aktuellen Baumartenverteilung und zum Baumzustand sein. Diese leiten wir mithilfe von Deep-Learning-Verfahren aus Fernerkundungsdaten wie Luftbildern und Satellitenbildern ab. Des Weiteren sollen aktuelle und lokal erfasste Daten zu den Standorteigenschaften und zum Vegetationszustand in das System einfließen. Ein Deep-Learning-basiertes Modell wird all diese Daten nutzen, um die Effekte von unterschiedlichen Klimaprognosen und Waldumbauszenarien zu simulieren.

LoRaWAN-Gateway an einem Baumstamm im Wald
Ein LoRaWAN-Gateway empfängt die Daten von Sensoren aus der Umgebung. © Tim Haubold

Vor welchen Herausforderungen stehen Sie?

Aktuell haben wir eine Lücke bei den Standortdaten. Diese stehen nicht einfach so zur Verfügung. Damit wir die Bereitschaft erhöhen, dass zum Beispiel Forstbetriebe ihre Daten teilen, entwickeln wir im Rahmen des Projekts einen sogenannten forstlichen Datenraum. Im Unterschied zu Cloud-Lösungen beruht ein Datenraum nach EU-Definition auf einer dezentralen Struktur. Das heißt, die Daten liegen beim Datengeber, der auch darüber bestimmt, wer die Daten wie nutzen darf. Unser Ziel ist es, einen sicheren Datenraum für Sensordaten, Fernerkundungsdaten, Klimadaten sowie Daten aus der Standortskartierung zu schaffen, in dem möglichst viele Akteure der Forstwirtschaft ihre Daten mit anderen teilen.

Eine weitere Herausforderung sind fehlende Standards in der Forstwirtschaft. Jedes Bundesland verwendet sein eigenes Vokabular, seine eigene Software, die nicht kompatibel mit der der anderen ist. Wir arbeiten an Lösungen, die den Datenaustausch leichter machen – auch über nationale Grenzen hinweg.

 

Das Projekt läuft seit Mai 2022. Wie weit sind Sie mit der Entwicklung des Decision Support Systems?

Wir haben ein Testgebiet im Raum Landshut. Für dieses Gebiet haben wir in den letzten Monaten eine Standortkartierung mit allen klimarelevanten Daten erstellt. Für das Testgebiete liegen auch die Simulationsergebnisse vor. Derzeit finalisieren wir die Benutzeroberfläche für das DSS. Noch in diesem Jahr möchten wir den ersten Prototypen fertigstellen, in den forstlichen Datenraum integrieren und einer Arbeitsgruppe präsentieren. Im nächsten Schritt werden wir diesen Prototypen Forstbetrieben vorstellen und mir ihren Erfahrungen weiterentwickeln. Generell arbeiten wir eng mit Förstern und anderen Experten zusammen, damit die Handlungsempfehlungen, die das Decision Support System bereitstellt, so valide wie möglich sind.

Satellitenbild eines Waldabschnitts mit Hinweisen zur Datenerfassung unter anderem über Kameras und LoRaWAN-Stationen
Visualisierung von Live-Daten von 206 Sensoren auf dem FutureForest-Testgelände in Landshut. © Dr. Marco Bobinger

Über das Projekt und die Beteiligten

Das Projekt FutureForest wird vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) unter dem Förderprogramm „KI-Leuchttürme für Umwelt, Klima, Natur und Ressourcen“ mit rund 2,5 Millionen Euro gefördert. Das Projektteam vereint die Expertise aus Wissenschaft und Forschung mit privatwirtschaftlichen Interessen und besteht aus vier Partnern:

  • Die FU Berlin besitzt langjährige Erfahrung in Bezug auf Fernerkundungsverfahren zur Beantwortung vegetationskundlicher Fragestellungen, insbesondere Baumartenklassifikation und Erkennung von Baummortalitäten.
  • Der Lehrstuhl für Ökosystemdynamik und Waldmanagement an der Technischen Universität München zählt zu den Pionieren in der Nutzung von KI-Methoden in den Umweltwissenschaften.
  • M.O.S.S. Computer Grafik Systeme GmbH bietet intelligente und innovative Geo- und IT-Lösungen, die helfen, Geoinformationen nachhaltig und gewinnbringend zu nutzen.
  • Koordiniert wird das Projekt durch das Darmstädter Start-Up wetransform GmbH, dessen Ziel es ist Datenplattformen für Umwelt- und Geodaten bereitzustellen, die offene Standards konsequent umsetzen, um die Zugänglichkeit, die Nutzbarkeit und Nützlichkeit dieser Daten zu verbessern.

 

In unserem Blog beschäftigen sich auch andere Beiträge mit dem Lebensraum Wald. In Brandenburg kommt zum Beispiel ein Überwachungssystem zum Einsatz, das mithilfe von Sensoren und Künstlicher Intelligenz Waldbrände frühzeitig erkennen kann. Den Beitrag dazu lesen Sie hier.

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